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in Heidelberg
Kaum ein Arbeitnehmer wird nach „Dienstschluss“ die Ereignisse des Tages einfach ablegen. Positives wie Negatives wirkt nach, man spricht darüber. Doch wo fängt das an, was in den Verträgen als „Verschwiegenheitspflicht“ vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auferlegt wird, und wo sind deren Grenzen?
Die Verschwiegenheitspflicht liegt bei bestimmten Berufsgruppen auf der Hand: Bei medizinischen Berufen und im Bereich der Rechts- und Steuerberatung geht es um Patienten/Mandanten, die bereits durch Berufsordnungen davor geschützt werden, dass anvertraute Umstände ohne deren Wissen an Unbefugte weitergegeben werden. Immerhin kommen auch solche Verstöße vor und werden – wenn auch selten – durch die Arbeitsgerichte entschieden:
„Verletzt eine Medizinische Fachangestellte ihre arbeitsvertragliche Verschwiegenheitspflicht dadurch, dass sie Patientendaten an eine nicht berechtigte Person weitergibt, stellt dies an sich einen wichtigen Grund dar, das Arbeitsverhältnis außerordentlich zu kündigen. Im Hinblick auf die Schwere eines solchen Vertragsverstoßes kann eine Abmahnung entbehrlich sein, weil sich das Vertrauen des Arbeitgebers in die Diskretion der Mitarbeiterin nicht wiederherstellen lässt.“ (LAG Baden-Württemberg, 11.11.2016)
Die Arbeitsgerichte prüfen eine fristlose Kündigung immer in zwei Schritten: Ist der Sachverhalt an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, und ist die Verletzung der vertraglichen Pflicht im konkreten Fall so gewichtig, dass der Beschäftigte erkennen konnte, dass das Vertrauen in seine Diskretion unwiederbringlich gestört ist. Die Verschwiegenheitspflicht dient somit nicht ausschließlich dem geschützten Personenkreis, sondern auch dem Arbeitgeber. Seine Patienten/Mandanten müssen sich darauf verlassen können, dass die Verschwiegenheit in seinem Betrieb ernst genommen wird.
Daneben sind es auch wirtschaftliche Interessen, die hinter Verschwiegenheitsklauseln in Arbeitsverträgen stehen (Geheimhaltung von Produktkenntnissen, Umsatzentwicklungen, Kundenkontakten). Bei der üblichen vertraglichen Formulierung, wonach Stillschweigen über alle Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu wahren ist, treten eine Fülle von Auslegungsproblemen auf. Muss der Arbeitnehmer wissen, was geheim bleiben soll oder was hingegen „allgemein bekannt“ ist oder ob der Arbeitgeber ein „berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Geheimhaltung“ hat? Hier setzt die Rechtsprechung den Rotstift an, wenn es um Formularverträge geht. Ist eine Klausel zu weit gefasst oder zu wenig konkret, so wird sich der Arbeitgeber hierauf nicht berufen können, wenn der Mitarbeiter seine Kenntnisse preisgibt und nicht offensichtlich ein Geheimnisverrat vorliegt.
Im Grunde beruht die Verschwiegenheitspflicht auf etwas Selbstverständlichem, nämlich auf der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte und Interessen des anderen Vertragsteils (§ 241 Abs. 2 BGB). Erworbenes Fachwissen hingegen gibt der Arbeitnehmer nicht an der Pforte ab; er kann es auch künftig beruflich nutzen. Will der Arbeitgeber z. B. in der Produktentwicklung verhindern, dass der Arbeitnehmer zum Wettbewerber geht, dann kann er mit ihm ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbaren. Dies wiederum kostet „teuer Geld“ (Karenzentschädigung).
Zurück zur Verschwiegenheit: Seit 2019 gibt es das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen, das Firmen davor schützen soll, dass Geschäftsgeheimnisse unerlaubt erlangt, genutzt oder offengelegt werden. Das Gesetz betrifft somit nicht nur, aber auch Arbeitsverhältnisse und enthält Strafbestimmungen für Verstöße.
„Wer verrät, er verwahre ein Geheimnis, hat schon dessen eine Hälfte ausgeliefert. Die zweite wird er nicht lange behalten.“ (Jean Paul, 1763 - 1825)
Frank Langer