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22.09.2023

Hinweisgeberschutzgesetz

Wer auf Missstände im Betrieb hinweist, macht sich selten beliebt und läuft Gefahr, im Arbeitsverhältnis Nachteile zu erleiden. Seit Juli 2023 gilt das Hinweisgeberschutzgesetz, mit dem der Gesetzgeber die EU-„Whistleblower“-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt hat. Mängel in der Organisation oder bei betrieblichen Abläufen sind jedoch nicht Gegenstand dieses Gesetzes.

Bei größeren Unternehmen bestehen mitunter schon Regelungen (Compliance-Richtlinien), hieran ändert sich nichts Grundlegendes. Auch bleibt das Beschwerderecht des einzelnen Arbeitnehmers (§ 84 Betriebsverfassungsgesetz) bestehen, das dem Schutz vor Benachteiligungen dient und bei dem der Betriebsrat - sofern vorhanden - Anlaufstelle sein kann. Verstöße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz sind nicht ausdrücklich von diesem Gesetz erfasst.

 

Wer soll geschützt werden?

Der Gesetzgeber hat die Bedeutung des Schutzes von Hinweisgebern (er formuliert geschlechtsneutral: hinweisgebende Personen) erkannt: Es geht um den Schutz von Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an Meldestellen melden (§ 1 HinSchG).

 

Welche Verstöße sind gemeint?

Das Gesetz betrifft Verstöße beispielsweise gegen Produktsicherheit, Datenschutz, Umweltschutz (Dieselskandal?), Steuervorschriften - also staatliche Regelungen, die zu einer Bestrafung des hierfür Verantwortlichen oder zur Verhängung eines Bußgeldes führen können.

 

Wie wird der Hinweisgeber geschützt?

Der Hinweisgeber kann nicht für die Beschaffung von oder den Zugriff auf Informationen, die er gemeldet oder offengelegt hat, rechtlich verantwortlich gemacht werden (§ 35, Ausschluss der Verantwortlichkeit). Dieser Schutz wird aber begrenzt: „… sofern die Beschaffung … oder der Zugriff nicht … eine eigenständige Straftat darstellt.“ Ab hier beginnt das „Glatteis", vornehmer ausgedrückt: Es stellen sich Abgrenzungsfragen. Wann etwa ist der Zugriff auf Rechnerdaten (E-Mails, Dateien, Dokumente) unbefugt? Begeht die hinweisgebende Person bei der Informationsbeschaffung Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung oder Unterschlagung, also Straftaten, so ist sie nicht durch dieses Gesetz geschützt. Sie kann sich jedoch möglicherweise auf einen rechtfertigenden Notstand (§ 34 StGB) berufen, wenn eine Gefahr für ein (höherwertiges) Rechtsgut nicht anders abgewendet werden kann.

 

Die hinweisgebende Person kann wegen der Meldung selbst nicht rechtlich verantwortlich gemacht werden, wenn sie Grund zu der Annahme hatte, dass die Weitergabe der Information erforderlich war, um einen Verstoß aufzudecken (§ 35 Abs. 2). Hierbei gilt die oben dargestellte Einschränkung der Verantwortlichkeit („… sofern“) ausschließlich für die Beschaffung der Informationen, die ja notwendigerweise einer Offenlegung vorangehen muss.

 

Gilt Vertraulichkeit?

Das Gesetz enthält umfangreiche Regelungen zum Vertraulichkeitsgebot, aber auch Ausnahmen hiervon (§§ 8, 9).

 

An wen wendet sich der Hinweisgeber?

Der Arbeitnehmer hat ein Wahlrecht, ob er sich mit seinen Erkenntnissen an eine hierfür betrieblich (ab Betriebsgröße 50 Beschäftigte) einzurichtende Meldestelle wendet oder an eine bei dem Bundesamt für Justiz eingerichtete Meldestelle (bundesjustizamt.de).

 

Es soll nicht nur Aufgabe von Investigativjournalisten sein, Rechtsverstöße im Wirtschaftsleben aufzudecken. Die Bereitschaft von Beschäftigten soll gefördert werden, Zivilcourage zu zeigen, ohne dafür Repressalien befürchten zu müssen. Das Gesetz schafft hierfür einen rechtlichen Rahmen.

Rechtlich betrachtet bewegen wir uns in einem Dreieck zwischen Datenschutz, Strafrecht und Arbeitsrecht. Die Umsetzung dieses Gesetzes steht an. Es wird sich bewähren müssen.

 

Frank Langer

 
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