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18.09.2023

Entscheidung zur "Blitzer-App"

Unsere Kanzlei hat im Februar 2023 vor dem Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe eine Entscheidung erstritten, welche bundesweit in juristischen Fachzeitschriften veröffentlicht und besprochen wurde. Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde:

Bei einer Verkehrskontrolle wurde festgestellt, dass auf der Mittelkonsole des Pkw unseres Mandanten ein Mobiltelefon abgelegt war, bei dem die App „blitzer.de“ geöffnet war. Es handelte sich allerdings unstreitig um das Mobiltelefon seiner Beifahrerin. Die Polizeibeamten wollen gesehen haben, dass unser Mandant während der Kontrolle versucht habe, das Mobiltelefon zur Seite zu schieben. Daraus wurde geschlossen, dass er von der aktivierten App wusste. Er war daher vom Amtsgericht Heidelberg zu einer Geldbuße von € 100 verurteilt worden, da er einen Verstoß gegen § 23 c Abs. 1 Satz 3 StVO begangen habe. Hiernach ist die Verwendung der zur Anzeige oder Störung von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen bestimmten Funktion eines technischen Gerätes, das auch zu anderen Nutzungszwecken verwendet werden kann, verboten. Wir waren der Auffassung, dass ein Verstoß gegen die Norm nur bei einem vom Fahrzeugführer selbst wissentlich aktivierten Gerät, das sich in seinem unmittelbaren Zugriff befindet, vorliegt. Allerdings ist ein Rechtsmittel bei der relativ moderaten Rechtsfolge (kein Fahrverbot) nicht ohne weiteres möglich. In Fällen dieser Art muss zunächst beim Oberlandesgericht ein Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gestellt werden. Die Begründungsvoraussetzungen sind hoch, weshalb ein solcher Antrag häufig nicht positiv beschieden wird.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hingegen hat die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts zugelassen, um die über den Einzelfall hinaus bedeutsame Frage zu klären, ob ein Verstoß gegen die o. g. Form auch dann vorliegt, wenn ein anderer Fahrzeuginsasse mit Billigung des Fahrzeugführers auf seinem Mobiltelefon eine entsprechende App geöffnet hat. Diese Frage war nämlich zuvor noch von keinem deutschen Oberlandesgericht beantwortet worden.

Das Oberlandesgericht hat entgegen der von uns geäußerten Auffassung ausgeführt, dass die Funktion zur Anzeige von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen nicht vom Fahrzeugführer selbst aktiviert werden muss. Es genügt nach Meinung des Gerichts jedes Handeln, mit welchem sich der Fahrzeugführer die verbotene Funktion zunutze macht. Erfasst wird deshalb auch die Nutzung der auf dem Mobiltelefon eines anderen Fahrzeuginsassen installierten und aktivierten Funktion. Nur dann, wenn der Fahrzeugführer nachweislich keine Kenntnis von dieser geöffneten App eines Mitfahrers hat, wird der Tatbestand nicht greifen.

Vorliegend haben die Polizeibeamten auch bei Gericht ausgesagt, unser Mandant habe das Mobiltelefon nach dem Anhalten bewusst zur Seite geschoben. Hieraus hat das Gericht Kenntnis bzw. Billigung geschlossen.

Als sehr weitgehende Konsequenz aus diesem Urteil sollte man als Fahrzeugführer seine Mitfahrer also darum bitten, ihm nicht durch Aktivierung einer entsprechenden App „behilflich“ zu sein.

 

Zwar hat das Verfahren über zwei Instanzen nicht das von uns für den Mandanten gewünschte Ergebnis gebracht, doch konnte unsere Kanzlei zur Rechtsfortbildung und Rechtsklarheit beitragen.

 

Karin Langer

 
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